Veröffentlichung

Chronologische Dokumentation der Veröffentlichungen:

26.8.15: Enttarnung der ehemaligen verdeckten Ermittlerin Maria „Block“ / Böhmichen in Hamburgs linker Szene

13.10.15: Ehemalige verdeckte Ermittlerin Maria „Block“ / Böhmichen in Wilhelmsburg

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Enttarnung der ehemaligen verdeckten Ermittlerin Maria „Block“ / Böhmichen
in Hamburgs linker Szene

1     Einleitung
2     Legende „Aktivistin“ Maria Block vs. Beamtin Maria Böhmichen
3     Überblick ihrer Aktivitäten 2009 bis 2012
4     Besonderheiten des Falls Maria Böhmichen
5     Nachbetrachtungen
5.1 Hätte sie nicht schon früher auffliegen können?
5.2 Daraus lernen und damit umgehen
6     Abschließend & Kontakt

Diese komplette Veröffentlichung gibts HIER ALS PDF.

1 Einleitung

Mit diesem Text soll über die Aktivitäten der verdeckten Ermittlerin Maria Böhmichen (*1983) informiert werden. Sie war unter dem Decknamen „Maria Block“ mindestens von 2009 bis 2012 in der Hamburger linken Szene aktiv. Sie ist nachwievor Polizeibeamtin und wohnt mit ihrem Partner und einer kleinen Tochter im Friedrichshulder Weg 81 in Hamburg-Halstenbek.
Ihre nachträgliche Enttarnung ist, wie viele andere Enttarnungen, einem Zufall geschuldet. Diese Veröffentlichung gibt einen Überblick über die Aktivitäten der Beamtin. Nicht alle uns vorliegenden Informationen werden in dieser Veröffentlichung aufgeführt.

Der Hauptfokus ihrer verdeckten Ermittlung lag im Bereich des Antirassismus, doch das vorgebliche Interessenfeld der Beamtin Maria Böhmichen war breiter. So ermittelte sie außerdem in den Schwerpunkten Antifaschismus, No-IMK und in städtischen Konflikten, z.B. denen ums Autonome Zentrum Altona, und interessierte sich für Anti-Atom- und Klimakämpfe. Ob sie als Beamtin für Lageaufklärung (BfL) oder als verdeckte Ermittlerin (vE) eingesetzt war kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Klar ist jedoch, dass sie die rechtlichen Kompetenzen beider Szenarien weit überschritten hat. Wir verwenden in dieser Veröffentlichung den Begriff verdeckte Ermittlerin.

Zunächst wird die für die Beamtin Böhmichen aufgebaute Legende der Scheinidentität „Maria Block“ vorgestellt. Anschließend werden ihre jahrelangen Aktivitäten in der linken Szene chronologisch dargestellt, wobei drei Punkte besonders beleuchtet werden:
– Die Tiefe ihrer Aktivitäten, die auch strafrechtlich Relevantes umfassen
– Ihr internationaler Einsatz, mindestens in Griechenland, Belgien und Dänemark
– Die Tiefe der Beziehungen, die sie zu Aktivist_innen aufbaute, inklusive mindestens einem sexuellen Verhältnis

Anschließend wird der Fall Maria Böhmichen mit weiteren Enttarnungen und Veröffentlichungen, wie beispielsweise der von Iris Plate, verknüpft und Parallelen herausgearbeitet. Im fünften Kapitel beschäftigen uns außerdem Fragen, die sich um den Einsatz verdeckter Ermittler_innen in der linken Szene drehen. Abschließend sind alle, die auch mit der Beamtin Maria Böhmichen zu tun hatten eingeladen sich bei uns zu melden.

2 Legende „Aktivistin“ Maria Block vs. Beamtin Maria Böhmichen

Die für die Beamtin Maria Böhmichen erstellte Legende der „Maria Block“ war im Nachhinein betrachtet an einigen Punkten widersprüchlich. Bei interessierten Fragen einzelner „befreundeter“ Personen fiel dies nicht auf, sondern es fügten sich Details zu unterschiedlichen, aber in sich schlüssigen und so zunächst nicht widersprüchlichen Identitätskonstrukten zusammen. Dass sich die Geschichten teilweise nicht deckten fanden wir erst im Nachhinein heraus. Dies liegt an dem unterschiedlichen Kontakt mit der Beamtin Böhmichen sowie auch zwischen uns.

„Maria Block“ erzählte nicht gerne über ihre Familiengeschichte, denn diese sei nicht sehr schön. Sie sei Mitte zwanzig und bei den Großeltern in Halle (Saale) aufgewachsen, da die Mutter früh verstorben sei. Der Vater sei ihr bis vor einigen Jahren nicht bekannt gewesen und lebe angeblich vermögend in Frankreich.

Ihre Legende geht noch weiter, aber an dieser Stelle lässt sich zunächst feststellen: Die Eltern der Beamtin Maria Böhmichen leben sehr wohl noch, und zwar mit ihrem Bruder tatsächlich in Halle-Dölau in Sachsen-Anhalt. Die Beamtin Böhmichen (geboren 1983) ging mit 17 Jahren, nach ihrem Realschulabschluss in Halle, für drei Jahre zur Polizeiausbildung nach Berlin.
Bei Abschluss ihrer dreijährigen Ausbildung im Jahr 2003, holte Hamburgs Schill-Regierung etliche fertig ausgebildete Polizist_innen anderer Bundesländer nach Hamburg und bot ihnen u.a. „bessere Arbeitsbedingungen“. Unter ihnen war die Beamtin Böhmichen. Nachdem sie und ihre Kolleg_innen am 28.Februar 2003 in Berlin „ausgekleidet“ wurden, kam sie im März 2003 zusammen mit anderen fertig ausgebildeten Polizist_innen zur Hamburger Polizei.

In einem Zeitungsartikel über gerade nach Hamburg gewechselte Polizist_innen in der „Berliner Morgenpost“ vom 21.7.2003 und im „Polizeispiegel“ vom September 2003 (mit Titelfoto) berichtet sie selbst über ihre Anfangszeit in Hamburg. Auf dem Cover des betreffenden Polizeispiegels ist die Beamtin Böhmichen in Uniform auf einem Streifenwagen lehnend abgelichtet. Das Cover ist heute unter https://www.yumpu.com/de/document/view/8924919/09-2003-dpolg/1 verpixelt zu finden; eine unverpixelte Version haben wir allerdings hier gefunden http://www.dpolg-saar.de/upload/pdfpolsp/Polizeispiegel%2009-03.pdf und für die Veröffentlichung gesichert. Der Artikel stellt die Beamtin Maria Böhmichen zunächst vor:

Auszüge des Berichts in „Berliner Morgenpost“ vom 21.7.2003:
Sie ist aus Sachsen-Anhalt, hatte sich schon bei der Ausbildung in Berlin darauf eingestellt, in einer anderen Stadt eine neue Existenz aufzubauen. „Ich hab hier meine erste Einsatzerfahrung bei Demonstrationen gemacht“, erzählt Maria Böhmichen. „Wir mussten unseren auf drei Wochen ausgelegten Lehrgang hier in Hamburg nach eineinhalb Wochen abbrechen, weil der Irak-Krieg begann“. „Das Klima in der [Hamburger] Polizei ist ganz anders, richtig toll“. „Ich bin hier rundum glücklich“.

Einige Jahre später, als sie als „Maria Block“ in der linken Szene eingesetzt wurde gab sie an, früher eine Ausbildung in Süddeutschland als Hotelfachangestellte begonnen und abgebrochen zu haben. Sie habe nicht wirklich Pläne, noch einmal irgendeine Ausbildung oder dergleichen anzufangen.
Aufgrund einer Beziehung mit einem Mann sei sie aus Süddeutschland nach Lübeck gezogen und habe dort als Kellnerin gearbeitet. Zwei Forumseinträge aus dem März 2008 mit dem Namen „block_ade“, den sie auch für Emails mit ihrer Scheinidentität nutzte, sollen eventuell ihren Aufenthalt in Lübeck belegen. Mit dem Account wird in einem Dreadlock-Forum gefragt, ob in Lübeck jemand Dreadlocks machen könne.

Mit ihren dann schon gar nicht mehr so brandneuen Dreads, der Identität als „Maria Block“ und alleine lebend in einer Wohnung im szenigen Wilhelmsburg (Julius-Ertel-Strasse 13) begann ihr Einsatz in Hamburg. Wahrscheinlich hatte sie zuvor eine üblicherweise mehrmonatige, gesonderte Ausbildung für den Einsatz in verdeckten Ermittlungen absolviert.

Nach ihrer Aussage brauchte sie nach der Trennung von dem Mann in Lübeck Abstand und sei daher als politisch noch unerfahrene aber interessierte Person nach Hamburg gekommen. Von Wilhelmsburg zog sie später nach Bahrenfeld. Dort wohnte sie wieder alleine in einer Einzimmerwohnung, diesmal in einem anonymen Apartmentgebäude in der Langbehnstraße 19a, Klingel Nummer 60.
Beide Wohnungen waren ungewohnt „normal“ eingerichtet, mit Garfield-Poster, einem Goatuch über dem Bett, einigen eingerahmten Fotos und vor allem unpolitischen Büchern sowie kaum politischen Plakaten und ähnlichem.

Die Frage, wie sie sich finanziere, kam des Öfteren auf. Sie verwies jahrelang auf eine angebliche Tätigkeit als private Pflegekraft für die Familie einer älteren Dame in Rahlstedt. Dieser 400€-Job würde durch angebliche Unterhaltszahlungen des Vaters aufgestockt werden. Daher habe sie trotz Minijob keine finanziellen Probleme und viel Zeit. Sie behauptete öfters diese bei einer Tante und einer engen Freundin in Halle zu verbringen – auch mal ein, zwei Wochen am Stück. Die beiden wären ihr sehr wichtig gewesen. So war es auch nicht verwunderlich, dass sie bei längerer Krankheit behauptete dort zu sein, um gesund zu werden.
Einigen ist in Erinnerung, dass die Beamtin Maria Böhmichen vor allem in den ersten Jahren mehrfach Treffen absagte mit der Angabe, (noch) krank zu sein. Sie erzählte einigen in dem Kontext von einer chronische Darmerkrankung, weshalb sie in 2011/2012 angeblich sogar länger im Krankenhaus und in Pflege bei ihrer Freundin in Halle gewesen sei.

„Maria Block“ trug zwar Dreads und hat sich optisch, wenn nötig, auch ins Black Block-Outfit schmeißen können. Allgemein war sie jedoch „durchschnittlicher“ gekleidet und nicht „super-szenig“. Sie hatte angeblich nie Lust auf Konzerte und hielt sich, bis auf einige Ausnahmen, von Solipartys und Schichten auf diesen fern. Einigen viel auch auf, dass die Beamtin Böhmichen nicht gerade einen „Szene-typischen“ Musikgeschmack hatte. Die gewisse Nicht-Angepasstheit von „Maria Block“  an sogenannte Szenecodes fanden einige Aktivist_innen aber gerade auch gut.

In 2012, zum Ende ihres Einsatzes hin, erzählte die Beamtin Maria Böhmichen von einer sich anbahnenden Beziehung zu einem Arzt, den sie auf ihrer angeblichen Arbeit kennen gelernt habe. Vorstellen wollte sie ihrer Gruppe die angebliche Beziehung trotz großem Interesse aber partu nicht und behauptete, den neuen unpolitischen Schwarm noch nicht mit den politischen Freunden überfordern zu wollen. Im selben Zeitraum vollzog die Beamtin Maria Böhmichen eine gewisse Stiländerung: Sie ließ sich z.B. die Dreadlocks rauskämmen und hatte dann glatte schulterlange braune Haare. Zeitgleich änderte sich auch ihr sonst so nähesuchendes Kommunikationsverhalten bis hin zur Nicht-Erreichbarkeit – und dann war sie weg (Mehr zum Abgang der Beamtin Böhmichen in Kapitel drei).

Kommunikation mit verschiedenen Emailadressen und Handy

Mail vom 30.05.2012 von block_ade@riseup.net an mehrere Leute:
„(…) Warum schreiben wir eigentlich nicht alles genau aus???
Ist doch verschlüsselt?? Naja… “

Die Beamtin Maria Böhmichen nutzte hauptsächlich zwei Emailadressen, um mit Aktivist_innen zu kommunizieren. Die Hauptadresse ist block_ade@web.de. In 2011 sowie ab April 2012 bis maximal zum 6.6.2012 wurde zusätzlich die Mailadresse block_ade@riseup.net genutzt, mit dem unten stehenden GPG-Key (Nr1). Im Zuge der Vorbereitung ihres Abgangs wurde zufällig jemand darauf aufmerksam, dass ihre Riseup-Emailadresse nicht mehr funktionierte. Ab dem 6.6.2012 antwortete sie daraufhin, dass ihr riseup.net Konto irgendwie nicht mehr funktioniere oder scheinbar nicht mehr existiere und daher wieder die @web.de-Adresse verwendet werden solle. Für diese schickte sie einen neuen Key (Nr2).
Außerdem hatte sie im Jahr 2012 Zugang zu und arbeitete mit einem Emailaccount Namens gooseberries@riseup.net mit dem Key (Nr3).
Als Handynummer nutzte sie +49 1724274203.

(Nr1): block_ade@riseup.net
Schlüsselkennung:     0x32011134
Fingerprint: 703D AC7D 08F8 8294 F093 28BC FF41 EA8B 3201 1134
Unterschlüssel:        0x0F0EBB07
Erzeugt am 13.7.2010, gültig bis 13.7.2015

(Nr2): block_ade@riseup.net (obwohl für @web.de-Adresse)
Schlüsselkennung:     0x7E3A7F2D
Fingerprint: 857F 8A71 ADFC 9155 B115 76B6 08F6 3AFD 7E3A 7F2D
Unterschlüssel:        0x9691CFF5
Erzeugt am 6.6.2012, gültig bis 5.6.2017

(Nr3): gooseberries@riseup.net
Schlüsselkennung:        0xA93E2861
Fingerprint: 3169 8453 93BF E72E 5D0D 92B4 1803 C3EA A93E 2861
Unterschlüssel:    0x932F99EB
Erzeugt am 13.3.2012, gültig bis 12.3.2017

3 Überblick Tätigkeiten mit Chronik

Diese Chronologie ist nach bestem Wissen erstellt, allerdings beteiligte sich die Beamtin Maria Böhmichen an unterschiedlichen Strukturen. Ihr vorgetäuschtes politisches Interesse war durchaus vielfältig und nicht alles, was sie gemacht hat, ist durch uns zum jetzigen Zeitpunkt rekonstruierbar. Was wir bisher wissen ist jedoch mehr als genug, um einen Einblick in die Breite und Tiefe ihres Einsatzes zu erlangen. Wir stellen zunächst den Einstieg und die Aktivitäten der ersten zwei Jahre 2009 und 2010 dar. Anschließend gehen wir auf ihre Arbeitsfelder in 2011 bis zu ihrem Verschwinden in 2012 ein, welches wiederum gesondert analysiert wird. Eine Zeitleiste findet sich am Ende der Veröffentlichung.

Einstieg in die Hamburger AntiRa-Szene, 2009 und 2010

Angefangen hatte „Maria Block“ im Jahr 2009 mit AntiRa-Arbeit über die offene Struktur der AntiRa-Kneipe in der Hafenvokü der Hafenstraße. Aber es wurde auch Interesse am Themenschwerpunkt Antifa gezeigt, was sich im Zusenden von Emails mit Links zu thematischen Online-Dokumentationen oder unkommentierten Zitaten der NPD-Webseite, ab und an aber auch im Fragen nach privaten sowie politischen Treffen mit Aktivist_innen des Schwerpunktes äußerte. Die Beamtin Maria Böhmichen ermittelte aber nicht nur in Hamburg, sondern auch im Staatsgebiet anderer EU-Länder.

Nach unseren Recherchen fand die Beamtin Maria Böhmichen ihren Einstieg in die Hamburger linke Szene Anfang 2009 über ein offenes Treffen zur Organisation einer AntiRa-Bühne auf dem Alternativen Hafengeburtstag. Im Zuge dessen knüpfte Sie u.a. Kontakte zum Kollektiv der AntiRa-Kneipe in der Hafenvokü. Ab diesem Zeitpunkt engagierte sich „Maria Block“ über mehrere Jahre im Kollektiv der AntiRa-Kneipe, nahm regelmäßig an Plena teil und organisierte Veranstaltungen mit. Sie beteiligte sich auch an Soli-Veranstaltungen und übernahm Ende 2009 beispielsweise eine Barschicht im und für den Infoladen Wilhelmsburg.

Sowohl im Wohnort Wilhelmsburg als auch in der AntiRa-Kneipe knüpfte sie Kontakte zu anderen Aktivist_innen und baute „Freundschaften“ auf, die mindestens ein sexuelles Verhältnis zu einem Aktivisten der AntiRa-Kneipe im Oktober/November 2009 mit einschließen.
Hierzu mehr im Kapitel 4.

Sie beteiligte sich auch an antifaschistischen Demonstrationen. So auch am Blockadekonzept eines Naziaufmarsches in Lübeck im März 2009.

Im August 2009 flog die Beamtin Maria Böhmichen mit einer Gruppe von Aktivist_innen aus Hamburg nach Griechenland und beteiligte sich am NoBorder-Camp auf Lesvos, welches vom 25.- 31.08.2009 stattfand. Im Anschluss an das Camp folgten in Hamburg Aktions- und Infoveranstaltungen unter dem Motto „Azadi heißt Freiheit“ (09.11. & 13.11.2009), an deren Organisation sich die Beamtin Maria Böhmichen ebenfalls beteiligte.

Mail vom 06.09.2009 an mehrere Personen bezüglich der Kundgebung „Azadi heißt Freiheit“ am Bahnhof Altona:
„Hey
Ich bin auch noch dabei einen Pavillion zu besorgen…oder zwei…sollen beide nicht wirklich vollständig sein. Einen Moderator haben wir jetzt auch gefunden :-)
Stoff für den Film bringe ich mit…
Maria“

Ihr zweiter „Auslandseinsatz“ als verdeckte Ermittlerin folgte im Dezember 2009. Diesmal fuhr sie, wieder mit einer Gruppe Hamburger Aktivist_innen, nach Kopenhagen (Dänemark) und beteiligte sich an den Gegenprotesten zur UN-Klimakonferenz. Hierbei wurde die Beamtin Maria Böhmichen von dänischen Sicherheitskräften festgenommen, wie auch in einem Fernsehbericht zu den Protesten zu sehen ist. (http://www.spiegel.de/video/schlagstockeinsatz-polizei-stoppt-sturm-auf-klimagipfel-video-1037501.html)

Hinzu kommen weitere „Auslandsaufenthalte“ in Belgien. Vom 25.09. – 03.10.2010 fand in Brüssel das NoBorder-Camp statt, zu dem sie ebenfalls mit Hamburger Aktivist_innen reiste. Im Vorfeld des Camps nahm die Beamtin Maria Böhmichen mit Hamburger Aktivist_innen an einem Camp-Vorbereitungstreffen in Brüssel teil, bei dem auch der enttarnte verdeckte Ermittler Simon Bromma (Heidelberg) anwesend war. Sie beteiligte sich an der Mobilisierung nach Brüssel und trat als eine der Referierenden bei der Infoveranstaltung zum NoBorder-Camp Brüssel 2010 in der Roten Flora auf. Während des Camps nahm sie nicht an Demos oder Aktionen teil, sondern blieb vorwiegend bei anderen Aktivist_innen im Camp. Allerdings holte sie Menschen an einer Polizeistation ab, die aus dem Gewahrsam entlassen wurden.

Mail vom 24.7.2010 an eine Person bezüglich einer Infoveranstaltung über das NoBorder-Camp in Brüssel 2010 in der Roten Flora:
„Hey
Sorry das ich dir erst heute antworte…Danke das du dir Gedanken über diese Mail gemacht hast…würde es gut finden wenn du (name) deswegen mal anfragen würdest. Wenn du die Infoveranstaltung verschieben möchtest weil du an dem jetzigen geplanten Termin nicht kannst, dann hab ich damit absolut kein Problem! Ich richte mich dann einfach nach dir. :-)
Lieben Gruß“

Mail vom 6.8.2010 an eine Person bezüglich NoBorder-Camp Brüssel 2010:
„Hey Ich hab die “Flyer” für die Plakate fertig. Muss nur noch ein paar mehr kopieren. Wir sollten uns auf jeden Fall noch treffen. Dann würde ich die fertigen Plakate mitbringen, wir können den Vortrag strukturieren und aufteilen wer was erzählt, und eventuell können wir die Plakate noch verteilen gehen… Wann hättest du denn dafür Zeit? Gehst du denn am Samstag zum Sommerfest? Ich gehe vielleicht hin, (name) vielleicht auch… Aber erst Abends dann. Knutscher“

Mail vom 12.8.2010 an eine Person bezüglich einer Infoveranstaltung über das NoBorder-Camp Brüssel 2010:
„Hey Süße
Danke für die Übersetzung des Newsletters! Ich hab dir mal den Text im Anhang mitgeschickt…Ich bin für Veränderungen oder Ergänzungen offen. :-)
Küßchen“

Mail vom 16.8.2010 an eine Person bezüglich der selben Infoveranstaltung über das NoBorder-Camp Brüssel 2010:
„Hey
Ich schick dir noch mal meine Ergäntzugen zu dem Teil den ich erzähle. Findest du das ganze jetzt zu viel oder angemessen?
Erzählst du denn über die Situation in Belgien oder soll ich das machen? Hätte damit grundsätzlich kein Problem, würde das ganze dann für mich nur noch mal “lernen” wollen.
Wir können uns doch 16:30 Uhr im Fritz Bauch treffen?“

Im Jahr 2010 beteiligte sich die Beamtin Maria Böhmichen außerdem an den Vorbereitungen zu einem AntiRa-Kongress, der vom 14.-17.10.2010 in der Roten Flora stattfand. Interessierten war der Zugang zum Vorbereitungskreis über offene Vorbereitungstreffen in der AntiRa-Kneipe ermöglicht worden. In der Vorbereitung und Durchführung des Kongresses engagierte sie sich v.a. in organisatorischer Hinsicht.

Mail vom 13.9.2010 an eine Mailingliste:
„Hallo
Wir, Leute aus der Antira Kneipe Hamburg, und Einzelpersonen, planen dieses Jahr (14.10-17.10) einen Antira Kongress in Hamburg. Mit Infoveranstaltungen und Workshops sollen diese Tage verschiedenste Themen behandelt werden. Statt finden wird der Kongress in der Roten Flora.
Näheres siehe unter http://antirahamburg.blogsport.de/
Wir suchen noch ReferentInnen für die Themen:
1. Critical Whiteness (Selbstreflektion)
2. Umgamg mit Ausgrenzungsmechanismen innerhald der Linken (Selbstreflektion)
3. antirassistischer Widerstands
Gibt es zufällig Menschen die sich vorstellen könnten und Bock haben, Workshops zu einem Thema zu veranstalten?
Maria“

Mail vom 11.10.2010 an mehrere Personen:
„Hey ihr Lieben
Da ja nun bald (14.10-17.10) der Antira Kongress in der Flora statt findet, brauchen wir tatkräftige Unterstützung bei einigen Schichten (Türschichten/Infostand, Tresen und Auf-und Abbau). Falls ihr Zeit und Lust habt uns dabei ein wenig zu unterstützen, könnt ihr euch gerne in die Doodl Listen unten eintragen. (Bitte verbindlich)
Wir sehen uns dann hoffentlich beim Kongress :-)
LG, Maria“

Mail vom gleichen Tag an Mailinglisten:
„Diese Woche findet vom 14.10-17.10 der Antira Kongress in der Flora statt. Das aktuelle Programm findet ihr unter http://antirahamburg.blogsport.de/
Wir freuen uns auf eine rege Teilnahme.“

Ebenfalls über ein offenes Treffen kam sie ins No-IMK-Bündnis. Dieses organisierte Gegenproteste gegen die Innenministerkonferenz im November 2010 in Hamburg. Zu den No-IMK-Aktionen gehörte auch eine Antirepressions-Demo, an deren Vorbereitung sie beteiligt war.

Ihr „Engagement“ innerhalb der linken Szene orientierte sich aber nicht nur an größeren Projekten. Auch war die Beamtin Maria Böhmichen an Aufgaben wie Tresenschichten bei Soliveranstaltungen in linken Zentren, beispielsweise im Infoladen Wilhelmsburg, interessiert.

Mail vom 9.12.2009 an mehrere Personen:
„Hey Leute
Am 19.12. findet in Wilhelmsburg ne Soliparty für den Infoladen statt. Es wird eine Bandenparty, wo Gruppen, wenn sie Bock haben, sich als irgendwelche Banden verkleiden sollen/können. Ich bin auf jeden Fall da, weil ich ne Tresenschicht übernehme und würde mich total freuen, wenn ihr mich begleiten würdet. Könnten uns vorher bei mir zum Vortrinken trefen. Also sagt bescheid falls ihr da Bock und Zeit habt. Und wenn Ambitionen bestehen sich zu verkleiden oder tolle Ideen bestehen, könnte das bestimmt lustig werden.
Ach ja, es werden 80er, 90er und Trasch gespielt.
Maria“
Zu der Tresenschicht am 19.12.2009 im Infoladen Wilhelmsburg ist sie allerdings aus „krankheitsbedingten Gründen“ nicht gekommen.
Mail vom 19.12.2009 an mehrere Personen:
„Hey Leuts
Ich liege jetzt total flach und muss, so leid es mir tut, heute Abend absagen.
Habt ein schönes Wochenende!…“

Aus dem Jahr 2011 bis zu ihrem Abgang im Sommer 2012

In den Jahren 2011 und 2012 beteiligte sich die Beamtin Maria Böhmichen an verschiedenen Aktionsfeldern, vor allem an der „Kampagne für ein Autonomes Zentrum in Altona“ (AZA), den Vorbereitungen für einen „Kongress gegen antimuslimischen Rassismus“ in der Roten Flora und schließlich dem autonomen Antifabündnis zur Vorbereitung von Gegenaktivitäten zum Naziaufmarsch („TddZ“) am 2. Juni 2012. Ende des Sommers 2012 verschwand die Beamtin Böhmichen. Für ihren Abgang ließen sich im Nachhinein zwei unterschiedliche Geschichten rekonstruieren.

Nach der Besetzung des AZ Altonas im April 2011 kam sie zusammen mit anderen politisch aktiven „Freund_innen“ zum wöchentlichen offenen Treffen für ein AZ Altona in den Räumen der Planwirtschaft (Klausstraße in Altona). Hierfür organisierte sie auch gerne mal die Schlüssel um allen aufzuschließen.

Ab dem Jahr 2011 war sie zugleich an der Vorbereitung des Kongresses gegen antimuslimischen Rassismus, der im Herbst 2012 (also nach ihrem Abgang) in der Roten Flora statt fand, beteiligt. Diesem ging eine zeitintensive inhaltliche Auseinandersetzung mit Rassismus voraus. Dieser Kongress kann als Weiterführung des AntiRa-Kongresses 2010 in der Roten Flora gesehen werden, an dessen Vorbereitung und Durchführung die Beamtin Böhmichen ebenfalls beteiligt gewesen ist.

Die Beamtin Maria Böhmichen war außerdem mit einem Zusammenhang Teil des autonomen Antifabündnisses, das autonome antifaschistische Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch am 2. Juni 2012 („Tag der deutschen Zukunft“) in Hamburg vorbereitete. Hierzu später mehr in Kapitel 4.

Bei Treffen fiel sie nicht auf, beteiligte sich engagiert an Projekten und fragte ab und zu naiv nach, was jedoch nicht als Auffälligkeit eingeordnet wurde. Jedoch ist einigen in Erinnerung, dass sie zeitweise versuchte, verbal-radikale Aussagen zu provozieren. So vertrat sie beispielsweise militante Konzepte in einem unangemessen Rahmen, wie in offenen Vorbereitungstreffen und versuchte Slogans wie „Nazis die Beine brechen“ anschlussfähig zu machen. Nach Plena war sie zuverlässige „Fritz Bauch“-Kneipengängerin, was ihre Kontakte zu Aktivist_innen unterschiedlicher Zusammenhänge stärkte.

Ihr Abgang. Oder: Ich bin enttäuscht von der Szene und mach jetzt ein auf privaten Rückzug

Im Laufe des Jahres 2012 erwähnte die Beamtin Maria Böhmichen gegenüber Aktivist_innen ihrer Gruppe, dass die „Omi“, welche sie angeblich für eine Familie pflege so langsam professionelle Hilfe in Anspruch nehmen müsse und das Pflegeheim nahe. Eines Tages kam die überraschende Story, sie habe sich in den Arzt der Omi verliebt, er sei ja so toll und sie wolle unbedingt mehr Zeit mit ihm verbringen. Die privaten Verabredungen, Anrufe, Mails und SMS wurden allmählich weniger und blieben schließlich ganz aus. Auf mehrfaches Nachhaken bekamen einige Personen eine persönliche Abschiedsmail, die sich als ein „ich bin enttäuscht von der Szene und mach jetzt ein auf privaten Rückzug“ lesen lässt:

Mail vom 06.09.2012 an mehrere Einzelpersonen:
„Mein letzter Auftritt bei euch war ziemlich oberflächlich und unangemessen. Ich habe mich euch gegenüber, auch im Vorwege, nicht immer fair verhalten. Das hat mir viele schlaflose Nächte bereitet und es tut mir leid. Nur ich kann daran nichts ändern.
Ich habe in den letzten Monaten viel über mein Leben nachgedacht, über meine Vergangenheit, meine Zukunft und über den Sinn meines momentan Gelebten. Ich habe mich von euch zurück gezogen. Ich musste mir klar darüber werden, was ich in Zukunft will und was ich ändern muss.
Die letzten Jahre habe ich damit verbracht, mir Gedanken über das System, in dem ich lebe, zu machen. Ich habe versucht, keiner dieser Menschen zu sein, der dass alles einfach so hin nimmt. Und ich wollte etwas ändern. Dabei habe ich vergessen, mir Gedanken über mein eigenes Leben und meine Zukunft zu machen und habe verdrängt – meine Einsamkeit, meine Trauer, meine Verzweiflung.

Dann kam der 2. Juni. Ich habe wahnsinnig viel Kraft investiert und Hoffnung gehabt. Was dann passiert ist, hat mich wahnsinnig enttäuscht und meine Enttäuschung ist zur Verzweiflung geworden. Enttäuscht war ich über mich, die ganzen sinnlosen Vorbereitungen und den Verlauf des Tages. Mir wurde klar, dass es, egal worum es geht, immer so laufen wird und ich nichts, aber auch rein gar nichts, verändern kann – zumindest nicht so.

Ich habe in Tom einen Menschen gefunden der mich versteht, mir zuhören kann, die richtigen Fragen stellt, mich tröstet und mir die nötige Kraft gibt, die ich derzeit brauche, um die Zukunft wieder positiv zu sehen. Ich bin tatsächlich wieder glücklich. Ich fühle dass ich auf dem richtigen Weg bin. Vielleicht begegnen wir uns irgendwann mit einem anderen Lebensgefühl wieder.

Maria“

Eine andere Person, die diese Mail nicht erhalten hat, trifft die Beamtin Maria Böhmichen zum Ende des Sommers hin zufällig auf der Straße und spricht sie auf den gering gewordenen Kontakt an. Da die Omi im Pflegeheim sei, habe sie nun endlich Freizeit, die neue Beziehung sei so toll und sie hätte ja schon immer gerne nach Australien verreisen wollen, was sie nun endlich machen würde. Nachfragen wann es losgehe und wie lange wurde mit noch zu unkonkreten Plänen und einem „bis bald, ich muss weiter“ ausgewichen.

Somit wurden tatsächlich zwei Abschiedsszenarien präsentiert, die sich allerdings nicht widersprechen und daher auch keine Aufmerksamkeit erregten. Die „abtauchen in die private Beziehung“-Story hat allerdings mehr die Runde gemacht als die Australien-Geschichte – wenn noch Jahre später kurze Momente des Zweifelns über den konsequenten Abgang aufkamen wurde sich über den plötzlichen Freund unterhalten, den leider niemand kennen gelernt, sondern nur mal kurz gesehen hatte.

4 Besonderheiten

Die Tiefe der Aktivitäten, internationaler Einsatz und strafrechtlich Relevantes

Die verdeckt ermittelnde Beamtin Maria Böhmichen war auch über Hamburg hinaus und sogar in internationalem Kontext aktiv und beteiligte sich an strafrechtlich relevanten Aktionen. Zu ihrem jahrelang aufgebauten politischen Repertoire gehören von Anfang an internationale Mobilisierungen, Aktionen und deren Vorbereitungen. Darunter fallen das NoBorder-Camp 2009 auf Lesvos, Aktivitäten gegen den Klimagipfel in Kopenhagen, wo sie sogar durch lokale Polizeieinheiten in Gewahrsam genommen wurde (Video siehe oben) und das NoBorder-Camp 2010 in Brüssel. Das heißt ihr Einsatz schloss mindestens Aktivitäten in Griechenland, Belgien und Dänemark mit ein.
Die Beamtin Maria Böhmichen bewegte sich im Kontext ihres langjährigen Einsatzes in diversen Privatwohnungen und politischen Räumen der Hamburger linken Szene. Dazu gehören mindestens die Hafenvokü, die Planwirtschaft, die Rote Flora und auch Mal der Sportraum, der Schwarzmarkt, USP-Räume, der Infoladen Wilhelmsburg und das Centro Sociale. Sie hatte zumindest temporären Zugriff auf Schlüssel, dadurch dass sie zum Beispiel das Aufschließen bei Treffen übernahm oder vorgab Kleinigkeiten erledigen zu wollen.

Mail vom 01.06.2012 an mehrere Leute:
„Moin, Moin
Das mit der Entscheidungsstruktur würde ich auch gerne heute Abend
besprechen. Die Transpis würde ich gegen 13:30 Uhr abhlen. Ist das ok für dich? Den Tacker könnte ich auch von (Name) abholen und das kopieren kann ich auch während die Leuts malen machen. Tacker: wo müsste ich denn hin, wenn ich das machen soll? Zum kopieren bräuchte ich den Schlüssel der ich geh hin wenns offen ist? Wann ist das? “

Wir können leider keine zuverlässigen Angaben machen, zu welchen Räumen sie Schlüssel hatte oder hätte kopieren lassen können. Wahrscheinlich gehören dazu die Planwirtschaft, die Hafenvokue, der Schwarzmarkt und die Rote Flora (2011/2012).

Im Rahmen der Vorbereitungen zum NoBorder-Camp 2010 nahm die Beamtin Maria Böhmichen in Brüssel zusammen mit anderen Aktivist_innen an einem Treffen teil. Hier ließ sie alles für sich auf Deutsch übersetzen, da sie nicht ausreichend Englisch spreche. Anwesenden fiel auf, dass sie wiederholt versuchte, radikalere bis militante Positionen öffentlich anschlussfähig zu machen, die für den Rahmen unangebracht waren. Der enttarnte LKA-Beamte Simon Bromma aus Heidelberg nahm übrigens am selben Treffen in Brüssel teil.
Als in Hamburg eine Info- und Mobilisierungsveranstaltung zum anstehenden NoBorder-Camp in Brüssel veranstaltet wurde, gehörte die Beamtin Maria Böhmichen zu den Organisator_innen und war eine der Referent_innen in der Roten Flora. Ein Aktivist aus Brüssel, der anlässlich der Veranstaltung in Hamburg zu Gast war, wurde von ihr in ihrer Wohnung in Hamburg-Wilhelmsburg untergebracht.

Als im selben Jahr Planungen für Aktionen und Demonstrationen gegen die Innenministerkonferenz in Hamburg begannen, war die Beamtin Maria Böhmichen aktives Mitglied im offenen No-IMK-Treffen sowie in der nicht-offenen Vorbereitung der Antirepressions-Demonstration am 13.11.2010.

In einem Kneipengespräch äußerte die Beamtin Maria Böhmichen mindestens einer Person gegenüber zusammenhanglos ihre Bewunderung für „die, die das mit der Lerchenwache waren“, und spielte gezielt darauf an, an Informationen über den Angriff auf die Lerchenwache im Dezember 2009 interessiert zu sein. Sie bekam jedoch keine Reaktion.

Im Vorfeld der Recht-auf-Stadt-Demonstration 2011 hatte die Beamtin Maria Böhmichen mit einigen Leuten Transparente in Solidarität mit dem AZ Altona, dem Wagenplatz Zomia, der Roten Flora und dem Kukutza in einem leerstehenden Gebäude aufgehängt. Die Transparente riefen außerdem dazu auf, Leerstand zu besetzen. Das Betreten des Hauses kann strafrechtlich als Hausfriedensbruch geahndet werden.

Die Beamtin Maria Böhmichen nahm im letzten Jahr ihres Einsatzes in der Szene regelmäßig als Delegierte an nichtöffentlichen Treffen zur Vorbereitung antifaschistischer Gegenaktivitäten zum Naziaufmarsch am 2.Juni 2012 teil. Am Tag des Naziaufmarsches sowie in der Organisation im Vorfeld übernahm sie zentrale Aufgaben. Sie beteiligte sich an der Erarbeitung des Aktionskonzepts, am Aufbau und der Koordination eines „Fingers“ samt Front-Transparent, vervielfältigte Mobilisierungsmatierial und organisierte eine Infoveranstaltung in einer anderen Stadt. Am Tag selber war sie als Melderin für die autonome Antifademonstration tätig und übermittelte Informationen über das Geschehen beim Demostartpunkt und drumherum an interne, nichtöffentliche Koordinationsstrukturen.
Die Demonstration wurde von Beginn an durch massives Einschreiten der Polizei am Losgehen gehindert. Dabei wurde gezielt das vorbereitete Konzept verhindert.

Dass die Beamtin Maria Böhmichen sogar in solch geschlossene Strukturen, wie die autonome Antifakoordination zum 2.Juni 2012, vordringen konnte ist (neben einer dichten Legende, s.o.) auf ihre jahrelange Tätigkeit in der linken Szene zurückzuführen. Über drei Jahre lang war die sie zuvor aktiv in verschiedenen Zusammenhängen und hatte sich das Vertrauen verschiedener Menschen erschlichen. Zu den Strukturen in denen sie aktiv war gehören neben einem autonomen Zusammenhang mindestens die AntiRa-Kneipe in der Hafenvokü, das AZ-Altona Plenum, der Vorbereitungskreis für einen Kongress gegen antimuslimischen Rassismus 2012 in der Roten Flora, sowie der AntiRa-Kongress 2010 am gleichen Ort, das NoBorder Camp 2009 und 2010 und das No-IMK-Vorbereitungstreffen gegen die Innenministerkonferenz 2010 in Hamburg.

Neu in Hamburg ankommen und Kontakt zur Szene suchen tun etliche Menschen. So ist es nicht verwunderlich, dass neue Menschen nach einiger Zeit aktiven Mitmachens irgendwann gewisse Strukturen kennen lernen und teil davon werden. Die Beamtin Maria Böhmichen brachte sich ein, machte mit, organisierte viel und führte Diskussionen – wenn sie sich denn inhaltlich beteiligte – mit radikalen Positionen. Sie beteiligte sich in antirassistischen und antifaschistischen Kämpfen, in der Hafenvokü, Flora und der Erkämpfung eines Autonomen Zentrums in Altona und so einiges mehr. Dabei war sie nicht nur eine Einzelperson, die einfach auftauchte, sondern stellte sich oft zusammen mit anderen politisch aktiven Freund_innen vor. Die Ebene persönlicher Beziehungen ist wichtig hervorzuheben, denn sie reichte von „hey süße“ und „küsschen“ in Mails über Geburtstagsfeiern und Verabredungen in Privatwohnungen bis zum sexuellen Verhältnis.

Die Tiefe persönlicher und emotionaler Beziehungen

Es gibt dieses Vorurteil, dass verdeckt ermittelnde Beamt_innen nicht mit in privaten Kneipenrunden abhängen sondern nach Treffen nach Hause oder ins Büro fahren um Bericht zu schreiben; dass sie nicht in Privatwohnungen rumhängen und sie eher auf einer sachlichen statt auf emotionaler Ebene kommunizieren etc. Dass dem nicht so ist, sollte eigentlich schon lange klar sein, nicht erst seit den Fällen Mark Kennedy, nicht erst seit Simon Bromma,  Kirsti Weiß, Iris Plate oder sonstigen öffentlicht bekannt gewordenen verdeckten Ermittler_innen.

Die Beamtin Maria Böhmichen hat an Kampagnen- und Gruppentreffen, Diskussionen und vielfältigen öffentlichen Demos und Aktivitäten teilgenommen. Teilweise hat sie diese mit organisiert. Doch der entscheidende Punkt, warum sie in gewisse Strukturen gekommen ist, war nicht nur, dass sie ein Leben als linke Aktivistin führte – der Entscheidende Punkt war, dass ihr vertraut wurde.

Durch angeblich oder tatsächlich engere Freundschaften und mindestens ein sexuelles Verhältnis verschaffte sie sich einen umfassenden Einblick in die Wohnungen und das Privatleben von Aktivist_innen. Ihr wurde u.a. vertraut, da sie sich nie, als Einzelperson präsentierte. Bei diversen Projekten präsentierte sie sich als Freundin von anderen Menschen, denen schon vertraut wurde. Dass die von ihr präsentierten Freundschaften teilweise gar nicht so eng waren, wie sie es öfters darstellte, wurde erst im Nachhinein klar, als sich unterschiedliche Leute, die mit „Maria Block“ zu tun gehabt hatten, schließlich zusammensetzten, um diese Geschichten auszutauschen.

Die Beamtin Maria Böhmichen brachte beim Kennenlernen neuer Leute Namen von Aktivist_innen ins Gespräch, mit denen sie angeblich dicke sei. Zusätzlich brachte sie schon zu Anfang ihres Einsatzes in der Hamburger Szene z.B. zu ihrem „Einstiegs-Event“ auf dem Alternativen Hafengeburtstag 2009 einen unauffälligen, szenig wirkenden „Freund“ mit Dreadlocks und Polit-Shirt mit. Dass ihn niemand kannte war egal – das Signal war: „Ich habe bereits Politfreunde und bin keine Neue“. Dieses Sich-in-Kontext-Setzen ist scheinbar insoweit aufgegangen, als dass es bei Aktivist_innen die schützende und oft als Arroganz verstandene Zurückhaltung neuen Leuten gegenüber gebrochen hat und zu einem schnellen und unspektakulären Einstieg in die Hamburger Szene geführt hat.

Über die Herstellung einer emotionalen Ebene wurden durch die Beamtin Maria Böhmichen Schein-Freundschaften mit Aktivist_innen aufgebaut. Dies geschah bspw. über viel gute Laune, freundschaftliche Umarmungen und viel Zeit für private Treffen. Abgerundet wurde das „private“ Engagement mit netten Mails an andere Aktivist_innen mit Formulierungen wie „hey süße“, „küsschen, Maria“ und sogar „ich habe letzte Nacht von dir geträumt“-Geschichten. Sie lud oft auf ein Bierchen im Park ein, organisierte Reiseverbindungen und Theaterkarten für eine ganze Gruppe oder gemeinsame Kochabende bei anderen sowie auch in ihrer Wohnung. Als sie von ihrer Einzimmerwohnung in der Julius-Ertel-Strasse 13 in Wilhelmsburg in eine in der Langbehnstrasse 19A in Bahrenfeld umzog, ließ sie ihre „Freund_innen“ die Umzugskisten schleppen, lud alle zur Einweihungsparty ein und sagte diese aber kurz vorher ab. Partys oder Konzerte waren generell nicht ihr Ding, aber sie verbrachte regelmäßig Abende mit anderen Aktivist_innen in der Kneipe.
Dieser Mix aus freundlich sein, mit anderen im Park abhängen, kochen, Treffen pushen, Spiele-Abende machen, regelmäßig in die Kneipe gehen, Geburtstagsgeschenke organisieren – all das ist doch tatsächlich Teil einer banalen Alltäglichkeit. Und mit genau dieser Alltäglichkeit wuchs das auf Gegenseitigkeit vermutete Vertrauen.

Die von der Beamtin Maria Böhmichen gezielt aufgebaute freundschaftliche Ebene zu Aktivist_innen umfasste wie selbstverständlich sensible Fragen nach dem privaten Alltag und dem Befinden ihres Gegenübers, dies schließt persönliche Probleme und Beziehungsgeschichten mit ein.
Ein solcher Ein- und Angriff auf die Privatsphäre von Aktivist_innen durch eine Polizeibeamtin ist durch nichts und niemanden zu rechtfertigen.

5 Nachbetrachtungen

Grundsätzlich ist wichtig zu sagen, dass es über all die Jahre keinen uns bekannten Verdacht gegen „Maria Block“ gab. Ihr plötzliches und totales Abtauchen war wohl ab und an mal Thema aber weiter gingen Gespräche nicht. Erst im Nachhinein sind einige Punkte aufgetaucht bzw. bewusst geworden, die als Indizien hätten gelten können. Alleinstehend haben sie jedoch nicht zu einer Verdächtigung geführt.

5.1 Hätte sie nicht schon früher auffliegen können?

Die Beamtin Maria Böhmichen trainierte Kickboxen in der Fachsportschule Wübke in der Gaußstrasse 128 in Altona, wo sonst niemand von uns trainierte. Sie arbeitete angeblich alleine als private Hilfe zur Pflege einer alten Frau bei einer Familie in Rahlstedt, wo sie immer mit der S-Bahn hinfuhr, eine Ecke wo wir uns nicht rumtreiben.
Sie hat, wenn sie wegfuhr, öfters behauptet, ihre alte Freundin in Halle zu besuchen, verbrachte dort angeblich auch mehrere Wochen und brachte diese Freundin ein einziges Mal mit auf eine private Geburtstagsparty nach Hamburg. 2009 brachte sie einmal über mehrere Tage den besagten „szenigen Freund“ mit zum Hafengeburtstag, sonst haben wir keine_n aus ihrem Leben kennen gelernt, der_die nicht aus der Hamburger Szene war. Vielleicht hätte uns das stutzig machen können. Andererseits trifft dies auf viele Menschen zu, die sich ausschließlich in politisch-aktivistischen Kreisen bewegen – aus welchen Gründen auch immer.

Es gibt weitere Punkte, die aufgetaucht sind: Einige Personen ordnen ihr zu, sie habe einige Zeit in Berlin gewohnt. Dieselben haben vom angeblichen Leben in Lübeck allerdings nichts gehört.
Als Menschen mit ihr einmal im Zentrum Lübecks unterwegs waren, war für die Kneipe wo sie angeblich gearbeitet haben soll plötzlich „keine Zeit“.
„Maria Block“ gab ja an, nicht gern über „ihre“ Familiengeschichte zu sprechen und bezog sich auf die Schmerzhaftigkeit des Themas. Wie oben beschrieben behauptete die Beamtin Maria Böhmichen, dass alle Familienmitglieder, außer einer Tante, tot oder in Frankreich seien. Da sensible Menschen Rücksicht darauf nehmen, wurde dann kaum noch darüber geredet.

Bei ihrem Aufenthalt in Brüssel 2010 war die Beamtin Maria Böhmichen Teil einer Gruppe, die eine Verabredung im Büro eines Mitglieds des EU-Parlaments wahrnehmen wollte. Bei der Einlasskontrolle ins Gebäude des Europa-Parlaments, die strenge Taschen- und Ausweiskontrollen umfasst, wurde die Beamtin Böhmichen plötzlich aufgehalten und von Sicherheitspersonal abgedrängt. Nachdem sie die anderen der Gruppe anwies, erst einmal wegzugehen, wurde sie von noch mehr Sicherheitspersonal außer Sichtweite abgeführt und blieb über 40 Minuten verschwunden. Sie kam daraufhin wieder und behauptete aufgrund einer Schere und Kabelbindern, die sie in der Tasche gehabt habe, nicht rein gelassen worden zu sein. Es lässt sich spekulieren, ob sie hier hätte auffliegen können. Wir wissen es nicht.

Die unpersönliche Einzimmerwohnung, die angebliche, schmerzliche Familiengeschichte, der angebliche Job, der eine Erklärung für ihre zeitlich Flexibilität zu sein schien und bei dem niemand genau wusste wo er ist, um nicht plötzlich dort auftauchen zu können, die Ankündigung des Auslandsaufenthalts, die angebliche Enttäuschung über die politischen Aktivitäten und die Szene können im Fall der Beamtin Maria Böhmichen im Nachhinein und zusammen gesehen als Indizien betrachtet werden. Es sind sogar direkte Parallelen zum Fall Iris Plate.

Auch zum Fall Simon Bromma sind Parallelen zu erkennen: z.B. die Einzelwohnung, die Kontaktfreudigkeit, das breite Engagement und die Legende, die neben dem selben Vornamen weitere Überschneidungen mit der Realität hat.
Aber diese Muster sind nicht starr, und die Einsätze individuell zugeschnitten. Kirsti Weiß, die in Hannover verdeckt ermittelte, wohnte in einer WG. Iris führte Beziehungen und machte FSK-Arbeit. Die Beamtin Böhmichen beteiligte sich an strafrechtlich relevanten Aktionen im internationalen Kontext, wie auch Mark Kennedy. Diese einzelnen Punkte können uns helfen, Muster in der Taktik des Einsatzes verdeckter Ermittler_innen zu finden. Besser wäre wir finden sie, bevor wir uns in ihnen wiederfinden.

5.2 Daraus lernen und damit umgehen.

Wichtig für uns ist ein Lerneffekt für unsere Leute und Strukturen. Die Frage für uns bleibt nach wie vor:

Wie können wir uns schützen?

Dass wir hier aufzeigen wie tief die Beamtin Maria Böhmichen jahrelang in der linken Szene verankert war und auf welchen Ebenen gearbeitet wurde, ist um deutlich zu machen zu welchen Mitteln gegriffen wird um Beamte einzuschleusen. Der Auftrag ist dabei tatsächlich zunächst irrelevant. Überlegt euch besser einmal mehr als zu selten, dass ein_e verdeckte_r Ermittler_in gar nicht so weit von euch weg sein muss wie ihr vermutet.

Maria Böhmichen ist nach Iris Plate die zweite Beamtin, deren Einsatz in Hamburg innerhalb des letzten Jahres öffentlich wurde. Der Zufall spielt bei Enttarnungen seit jeher eine große Rolle. Verlasst euch nicht auf Zufälle. Macht es euch bewusst. Aber werdet nicht paranoid.
Lernt euch kennen und redet miteinander. Vertrauen ist wichtig und es dauert, dieses aufzubauen. Bleibt aufmerksam, denn verdeckte Ermittler_innen werden mit Legenden ausgestattet, die sehr authentisch wirken können.

Das Wissen was unsere Szene zu verdeckt agierenden Polizist_innen hat ist diffus und zerstreut. Auch wir können an manchen Punkten eher Vermutungen anstellen, als Faktenwissen präsentieren. Im Zweifelsfall lohnt es sich jedoch, Fragen zu stellen und selbst authentische Biografien unabhängig zu überprüfen.

Wir möchten an diesem Fall zwei unterschiedliche Szenarien diskutieren, die nicht vermischt werden sollten:
Einerseits gibt es die Verifizierung von Informationen über Personen, denen Vertrauen entgegengebracht werden soll. Andererseits gibt es die Recherche über einen konkreten Verdacht gegen eine Person, eventuell Polizist_in o.ä. zu sein.
Nur weil man als Aktivist_in eventuell über den persönlichen Hintergrund gefragt werden sollte, heißt es nicht dass man verdächtigt wird. Seid nicht beleidigt, seht eine solche Situation lieber als notwendigen Schritt zum Schutz eigener Strukturen vor Leuten an, die da nicht hingehören.

Die Überprüfung einer Biografie beinhaltet einige Eckpunkte, die bei jeder Person nachprüfbar sein sollten. Ansatzpunkte für eine Recherche bei Verdächtigungen könnten sein: Was sind Ungereimtheiten im aktuellen Leben der verdächtigten Person? Was erzählt sie wo sie herkommt und was sie gemacht hat. Zu welcher Arbeitsstelle geht die Person heute angeblich und arbeitet sie dort tatsächlich? Welche Arbeitsstelle hatte sie nach dem Ende der Schulzeit? (Irgendwann muss eine mehrjährige Ausbildung bei der Polizei ja gemacht worden sein). Wer sind aktuelle szenefremde und ehemalige Freund_innen, die die präsentierte Geschichte verifizieren könnten? Wo wohnt die Familie, wo ist die ehemalige Schule, gibt es ehemalige Mitschüler_innen und was wissen die eventuell über die fragliche Person? Ehemalige Wohnorte und Sportvereine/ Hobbys sind interessant um eventuell Nachbar_innen oder Menschen des Vereins befragen zu können.
Hier wird es keinen Katalog geben. Für den Fall einer konkreten Verdächtigung muss eine Überprüfung stattfinden, das ist der einzige Weg mit der Verdächtigung verantwortungsbewusst umzugehen.

Überlegt euch gut und behutsam wie vorgegangen werden soll, wer in die Recherche einbezogen werden soll. Informiert euch z.B. mit Hilfe der Veröffentlichungen zu bisherigen Enttarnungen. Teilt der betreffenden Person bei einem für euch guten Ergebnis fairerweise mit, dass ihr euch über sie informiert habt.
Wir liefern an dieser Stelle keine Antworten, das ist uns bewusst. Das Ziel sollte jedoch sein, dass wir die Antworten gemeinsam finden.

Mögliche Reaktionen auf aufgedeckte Einsätze verdeckter Ermittler_innen: parlamentarische Untersuchung und Rechtsklagen

Der Vollständigkeit halber erwähnen wir an dieser Stelle, dass wir bis heute nie informiert wurden, dass wir im Rahmen irgendeiner Ermittlung jahrelang überwacht wurden. Das wundert uns nicht, ist es doch gängige Praxis der Überwachungsbehörden und ihrer Scherg_innen.

Trotzdem macht es Sinn, über eine Thematisierung des ekelhaft-grenzüberschreitenden Einsatzes verdeckter Ermittler_innen in der linken Szene auf der Ebene von z.B. Innenausschüssen nachzudenken, wie es z.B. derzeit beim Fall Iris Plate geschieht. Die Fälle Mark Kennedy und Simon Bromma ziehen bis heute Rechtsklagen von Betroffenen nach sich.

Unsere Recherchen zur Beamtin Maria Böhmichen haben deutlich gemacht, dass die im Zusammenhang mit der Enttarnung der LKA-Beamtin Iris Plate von der Hamburger Innenbehörde abgestrittenen Rechtsverletzungen System haben. So hat Beamtin Böhmichen regelmäßig Privatwohnungen betreten und wie die LKA-Beamtin Plate in mindestens einem Fall unter ihrer Tarnidentität eine intime Beziehung geführt. Hamburgs Innensenator Neumann (SPD) konnte sich im Fall Plate bisher darauf zurückziehen, zum damaligen Zeitpunkt keine politische Verantwortung getragen zu haben. Es ist allerdings deutlich geworden, dass auch unter der politischen Verantwortung Neumanns solche Rechtsbrüche verdeckt tätiger Polizeibeamt_innen polizeilicher Alltag zu sein scheinen.

6 Abschließendes & Kontakt

Sicherlich haben wir nicht alle, die mit der Beamtin Maria Böhmichen Kontakt hatten in die bisherige Aufarbeitung einbeziehen können. Bitte versteht, dass es uns wichtig war den Kreis begrenzt zu halten, um Informationen zu sammeln und verifizieren zu können.

Diese Aufarbeitung ist unvollständig. Wenn ihr weitere Informationen zu „Maria Block“ bzw. der Beamtin Maria Böhmichen habt, falls ihr von Aktionen und Veranstaltungen wisst, an denen sie beteiligt war, weitere Fotos habt oder auch mit ihr zu tun hattet, meldet euch!
Es macht eventuell Sinn zu prüfen, ob ihr z.B. Kontakt mit einer der Emailadressen hattet, die sie genutzt hat, vielleicht auch über Mailinglisten. Wenn euch die Inhalte der Kommunikation relevant vorkommen, lasst sie uns gerne geschwärzt bzw. anonymisiert zukommen!

Wir sind für informative wie auch emotionale Gespräche offen und können vertrauliche Unterstützung zu Anwält_innen, Psycholog_innen und zu OutOfAction vermitteln. Ihr könnt euch direkt an uns wenden oder Kontakt zur Roten Hilfe oder zum Ermittlungsausschuss (EA) eures Vertrauens aufnehmen. Der EA Hamburg ist beispielsweise Montags um 19 Uhr zur Sprechstunde im Schwarzmarkt erreichbar oder über https://eahh.noblogs.org. Die Ortsgruppen der Roten Hilfe erreicht ihr über https://www.rote-hilfe.de.

Informationen zum Fall „Maria Block“/ Maria Böhmichen sind auf https://enttarnungen.blackblogs.org abrufbar.
Kontakt: enttarnung2015@riseup.net

Zum Schluss erinnern wir uns noch einmal an den Artikel von 2003, wo die junge Beamtin Böhmichen gerade erst in Hamburg angekommen war: „Sie ist aus Sachsen-Anhalt, hatte sich schon bei der Ausbildung in Berlin darauf eingestellt, in einer anderen Stadt eine neue Existenz aufzubauen.“(s.o.)
Das kann sie ja jetzt wohl wieder tun. Wir sagen:

In Hamburg sagt man Tschüss!

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Einsatz der Verdeckten Ermittlerin Maria Böhmichen alias „Maria Block“ in Wilhelmsburg (Oktober 2009-September 2010)

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Überblick

Die Hamburger Polizistin Maria Böhmichen wurde im Zeitraum von 2008 bis 2012 als Verdeckte Ermittlerin zur Gefahrenabwehr in die linke Szene Hamburgs eingeschleust. Unter ihrer Tarnidentität Maria Block verschaffte sie sich Zugang zu einer Vielzahl von Freundeskreisen, politischen Gruppen und Projekten der Hamburger Linken.

Anders als bisher bekannt war einer ihrer Schwerpunkte dabei auch das Ausforschen von linker Stadtteilpolitik in ihrem zeitweisen Wohnort Hamburg-Wilhelmsburg.

Besonderen Fokus setzte sie dabei auf den Anfang 2008 eröffneten „Infoladen Wilhelmsburg“. Der Infoladen war zu diesem Zeitpunkt als soziales Zentrum Anlaufpunkt insbesondere politisch engagierter Studierender aus dem Stadtteil, und wurde bis zum Ende von Marias Einsatz zu dem von der Kampagne „Tschüss Vattenfall“ sowie Antifaschistischen und anderen linken Gruppen aus dem Hamburger Süden als Ort für interne Treffen, Veranstaltungen und als Postadresse genutzt. Neben der Bereitstellung linker Texte, Informationen und Literatur, sowie vielfältiger Infrastruktur war der Infoladen insbesondere im Netzwerk „Recht auf Stadt“ organisiert und engagierte sich u.a. gegen die städtische Aufwertungspolitik im Rahmen des „Sprung über die Elbe“ und des Großprojekts Internationale Bauausstellung (IBA), welches von 2007-2013 das Image des Stadtteil Wilhelmsburg aufzupolieren versuchte.

Von Oktober 2009 bis Sommer 2010 war Maria aktiver Bestandteil des Infoladen-Kollektivs. Sie nahm regelmäßig an den Orga-Plena teil, beteiligte sich an verschiedenen Arbeitsgruppen, die sich u.a. mit Finanzierung des Infoladens, Organisierung von Solidaritäts-Veranstaltungen und Pressearbeit befasst haben. Im Februar 2010 trat sie zudem in den Trägerverein des Infoladens ein, zahlte bis April 2011 regelmäßig ihre Mitgliedsbeiträge. Bis Sommer 2011 war sie Teil des internen Emailverteilers, bis August 2015 Abonnentin des offenen Emailverteilers des Infoladens.

Einstieg

Trotz ihrer zunächst geringen Bezugspunkte zum Umfeld des Infoladens, gelang es Maria im Herbst 2009 in kürzester Zeit in vielfältige Arbeitsprozesse eingebunden zu werden. Sie war bereits seit längerem Gast in der wöchentlichen KüfA, und war einzelnen Personen durch die gemeinsame Fahrt zum Antira-Camp auf Lesbos bekannt.

Es wunderte daher niemanden, als sie im Oktober 2009 auf eine halb-öffentliche Einladung hin zu einem Wilhelmsburger „Perspektiven-Treffen“ im Hausprojekt Fährstraße 105 erschien. Ziel des Treffens war es eine bessere Vernetzung politisch aktiver Menschen im Stadtteil zu erreichen, die Rolle des linken Infoladens im von Gentrifizierung geprägten Wilhelmsburg zu diskutieren, sowie Menschen zur Mitarbeit dem Projekt „Infoladen“ zu motivieren. Ein Ergebnis war der Wunsch, die politische, kulturelle und soziale Stadtteil-Arbeit des Infoladens inhaltlich zu erweitern und dafür neue größere Räumlichkeiten anzumieten. Maria zeigte sich voller Motivation, ließ sich in die interne Infoladen-Emailgruppe eintragen und begann im Anschluss ihre Mitarbeit im Projekt.

Organisatorische Arbeit

Bis Sommer 2010 nahm sie von da an regelmäßig an den 2-wöchentlichen Orga-Plena des Ladenkollektivs teil, und beteiligte sich dort, in Arbeitsgruppen und in der Email-Gruppe an vielfältigen Arbeitsprozessen. Dabei zeigte sie großen Enthusiasmus und brachte sich ohne Umschweife voll ein, bot in vielen verschiedenen Zusammenhängen ihre Hilfe an.

Besonders hervor tat sie sich zunächst in der AG RaumSucht, welche sich bemühte größere Räumlichkeiten für den Infoladen zu finden. Gemeinsam mit anderen Aktiven wurden potentiell geeignete Gewerbe-Immobilien gesichtet. Immer wieder berichtete Maria dabei scheinbar enthusiastisch von durch sie entdeckten, leerstehenden Läden und führte Besichtigungen durch. Sie sprach eigenständig im Namen des Infoladens mit Vermieter_innen und Makler_innen, und erkundigte sich nach deren Bereitschaft an den Infoladen zu vermieten. Dies belegt ihr umfangreicher Emailwechsel belegt. (Alle eingerückten Zitate im Folgenden stammen, wenn nicht anders angegeben, von Emails, die Maria von ihrer Adresse block_ade@web.de an den internen Email-Verteiler des Infoladen Wilhelmsburg sendete.)

„@Raumsucht: Hey Wo ist denn der doodle? Mir würden beide Termine passen. Wobei mir Sonntag lieber wäre. Maria“ (25. Nov 2009)

„Hey Leute. Gibt es denn in der nächsten Zeit ein Treffen der Raumgruppe?“(03. Dez 2009)

„Hey Leuts. Die RaumsucherInnen Gruppe hat heute einen kleinen Rundgang in Wille gemacht und dabei einiges gesehen. […]Ansonsten steht noch ein komplettes Haus mit max. zwei Etagen im Vogelhüttendeich 30 leer. […]Wenn jemensch morgen irgendwoanfragen möchte, dann sagt mir malbescheid. Ansonsten würde ich mich Donnerstag drum kümmern.“(19. Jan 2010)

„Ich habe mit dem Typen von der SAGA telefoniert. Wenn derMensch, der aus dem Computerladen ein Büro machen will, nicht kurzfristig abspringt, sieht es schlecht aus. Ansonsten meldet sich eine Frau von [-]Immobilien am Dienstag nochmal bei mir wegen Vogelhüttendeich 76 wo vorher eine Pizzeria war. Hab aber noch nix näheres dazu.Was haltet ihr davon? Zu teuer?“(22. Jan 2010)

„Hey Leute. Mich hat Frau [-] von [-] Immobilien nochmal angerufen. Es geht um den Vogelhüttendeich 76. Dort findet morgen 11:30 Uhr eine Besichtigung satt. […] Anschauen könnte nicht schaden, dann sagt bitte bescheid objemensch hin gehen möchte. Ich liege momentan mit Fieberim Bett und werde deswegen auf keinen Fall hin gehen. […] Maria“ (03. Feb 2010)

„Hey. Ich wollte mir gerade den Klamottenladen in der Veringstraße 47 anschauen. Der Makler mit dem ich telefoniert habe meinte ich solle da während der Öffnungszeiten mal vorbei gehen und mir das ganze anschauen. Blöd ist nur, dass der Laden von Mittwoch bis Freitag, 10-13 und 14-18 Uhr offen hat. Da ich ab morgen für zwei Wochen nicht in Hamburg bin, wäre es nett wenn sich jemand anderes drum kümmern könnte.“(6. Apr 2010)

Ihr Enthusiasmus und Arbeitsaufwand ließen dabei keine Zweifel an ihrer Ehrlichkeit und ihrer Verbundenheit am Projekt aufkommen. Ihre Verlässlichkeit unterstrich sie nicht zuletzt durch ihre verbindliche Teilnahme am Plenum – konnte sie einmal nicht, sagte sie in der Regel ab.

„Hey Leute. Ich bin gerade wieder in Hamburg angekommen. Ist denn heute 18 Uhr Plenum? Maria“(05. Jan 2010)

„Hey. [Plenum verschieben]Finde ich eine super Idee. 18 Uhr würde ich heute leider so und so nicht kommen können. Maria“(03. Mär 2010)

„Ist denn morgen dann trotzdem Plenumsanfang wegen Hafengeburtstag 16:15 Uhr? Oder erst ab 17:30 Uhr?? 17:30 würde bei nämlich gar nicht gehen. LG“(29. Apr 2010)

Maria war zudem immer bereit, den Infoladen auch auf externen Veranstaltungen zu vertreten bzw. zu unterstützen, u.a. bei einer Soli-Schicht im Café Knallhart Dezember 2009 oder auf einer Soli-Party im Hausprojekt Fährstraße 105 ebenfalls im Dezember 2009…

„Ich könnte erst Samstag irgendwelche Schichten übernehmen. Trag mich da ein wo Mensch noch gebraucht wird. Aber vielleicht nicht all zuspät…wer weiß wieviel Alkohol ich dann intus habe… :-) Maria“ (07. Dez 2009)

…einer Soli-Party in der Roten Flora im Februar 2010…

„Hey […]Du kannst mich für ne Schicht, wenn noch frei ist von 00-02 mit eintragen. Maria“(18. Feb 2010)

…oder einem geplantem Soli-Konzert im VEB Lübeck im Juni 2010

„Hey. […] Vor Ort ne Tresenschicht wäre bestimmt mit drinne. Maria“ (1. Mai 2010)

Sie bot sich außerdem auch an, Schichten beim Info-Café (3x wöchentlicher offener Anlaufunkt im Infoladen) zu übernehmen.

„Hey […]Am 20. Februar könnte ich deine Schicht übernehmen. Ich würde dann einfach am 18. mal im Infoladen vorbei kommen wo mir bestimmt mal alles erklärt werden kann…“(11. Feb 2010)

Unklar bleibt leider, ob und in welchem Zeitrahmen Maria einen eigenen Schlüssel zu den Vereinsräumlichkeiten/Infoladen besaß, und damit auch unbeaufsichtigt Zugang zu den Dokumenten und Postfächern besaß.

Marias hohe Einsatzbereitschaft und die immer intensiveren persönlichen Kontakte ließen auch das politische Vertrauen gegenüber ihr wachsen. Sie beteiligte sich auch am sozialen Leben rund um den Infoladen, besuchte regelmäßig die wöchentliche KüfA, trank und feierte mit Aktiven und Gästen. Auch außerhalb des Infoladens gelang es Maria vermehrt mit politisch Engagierten aus Wilhelmsburg private und politische Aktivitäten zu organisieren – immer wieder zeigte sie dabei auch großes Interesse an praktischen Aktionsformen.

Finanz-Arbeit

Innerhalb des Infoladens wiederum gelang es Maria auch tiefe Einsicht in die finanzielle Struktur des Projekts zu erlangen. Im Februar 2010 trat sie in den Trägerverein des Infoladens „Initiative für ein soziales Wilhelmsburg e.V.“ ein, und unterstrich so noch einmal ihr Interesse einer langfristigen Mitarbeit – und zeigte ihr Verbundenheit gegenüber dem Projekt auch durch überweisen ihres monatlichen Mitgliedsbeitrags, wie Kontoauszüge belegen.

Bereits durch ihre Arbeit in der Raum-AG hatte sie Einblicke in finanziellen Möglichkeiten des Projekts gewinnen können. Im Rahmen der Arbeit in der „AG Stiftungen“ beteiligte sie sich seit Dezember 2009 intensiver an der Ausarbeitung von Finanzierungskonzepten für einen größeren Laden. Vermehrt suchte und bekam sie auch Einblick in Mitglieder- und Spendenstruktur des Vereins sowie des Infoladens selbst. Zum Beispiel war sie an der Ausarbeitung von einer möglichen Gemeinnützigkeit für den Trägerverein beteiligt und erarbeitet Konzepte zur Beantragung von Projektförderung.

In diesem Rahmen kontaktierte sie auch potentielle Förder_innen in Wilhelmsburg. So führte sie ein längeres Gespräch mit der „Bürgerinitiative“ Wilhelmsburg und erkundigte sich über deren Bereitschaft, den Infoladen finanziell zu unterstützen.

„Ich habe heute mit der Bürgerinitiative telefoniert. Geld von denen würden wir erst mal nicht bekommen, da sie ausschließlich Kinder und Jugendarbeit unterstützen. Und diese muss konkret schon laufen und regelmäßige Termine nachweisen. Wenn das Projekt irgenwann mal laufen sollte und wir solch eine Arbeit nachweisen können, dann können wir uns bei denen nochmal melden.“ (30. Nov 2009)

Auch in einer weiteren AG zu Finanzierungskonzepten, Soli-Partys, und Förderanträgen arbeitet Maria im Frühjahr 2010 mit. Dabei nutze Maria ihr mittlerweile erarbeitetes Rolle als Teil des Infoladen Wilhelmsburg auch um andere linke Strukturen in Hamburg auszuforschen. Im Februar 2010 wandte sich Maria als Delegierte des Infoladen Wilhelmburg an das Centro Sociale und den Infoladen Schwarzmarkt. Dort erlangte sie Informationen über die Finanzierungstruktur dieser Projekte, vorgeblich um mögliche Quellen auch für den Infoladen Wilhelmsburg zu erschließen.

„hier die ergebnisse vom letzten treffen der partygeldgruppe. ca 3 wochen her… 1. wollen wegen möglichen stiftungen infos reinholen: maria checkt centro soziale (ergebnisse im letzten plenum vorgetragen…) und schwarzmarkt“ (Auszug aus Protokoll 3. Mär 2010)

Inhaltliche Arbeit

Im Laufe des Jahres 2009 begann sich die Kritik an dem seit 2007 anlaufenden Großprojekt Internationale Bauausstellung (IBA) im Stadtteil zuzuspitzen. Im Vorfeld der späteren linken Kampagne „IBAnigsDA“ war der Infoladen gemeinsam mit dem Arbeitskreis Umstrukturierung (AKU) eine der kritischen Stimmen, die sich mit den befürchteten Mietsteigerungen und Verdrängungsprozessen auseinandersetzen.

Maria äußerte während ihrer Arbeit im Infoladen und privat Interesse an vielfältigen Themenfeldern linker Politik, aber insbesondere auch am Thema Stadtentwicklung und Gentrifizierungs-Kritik, sowie sich entwickelnder anti-IBA Proteste.

Im Februar 2010 war Maria z.B. als Teile einer AG an der inhaltlichen Vorbereitung einer gemeinsamen Veranstaltung des Infoladens mit dem AKU beteiligt.

„wir machen mit dem aku eine veranstaltung zu stadtteilpolitik etc.gibt auch noch jm. aus hanau der von da berichten würde. Weitere stadt(kopenhagen) wäre auch noch möglich. soll nicht im ladenstattfinden, sondern im exil“ (Auszug aus Protokoll 3. Mär 2010)

Maria versuchte zudem sowohl auf Plenas als auch über die Emailliste immer wieder über gezielte Nachfragen, Positionierungen der Aktiven im Infoladen zur IBA zu erlangen und zuzuspitzen, z.B. auch zur Rolle der SAGA (Eigentümer und Vermieter) der Räumlichkeiten des Infoladens), die als Kooperationspartner der IBA auftrat.

„Für mich stellt sich jetzt die Frage, ob wir die nutzen sollten, können, wollen??? Denn natürlich wird sich das dann die tolle SAGA GWG auf ihren Zettel schreiben und so werden wir vielleicht noch mehr ein Teil der „tollen“ Stadtentwicklung sein. Also gebt mal bitte eure Meinung dazu ab.“ (30. Nov 2009)

„Bezüglich der Zurverfügungstellung einer Räumlichkeit durch die SAGA hat bis jetzt nur ein Mensch sich zu geäußert. Ich werde das erst mal ruhen lassen und beim nächsten Plenum nochmal ansprechen. Wann ist das eigentlich? Kommenden Dienstag?“ (03. Dez 2009)

Brisanz erhält Marias Versuch, kritische Aussagen gegenüber der SAGA und ihre Rolle in Stadtentwicklungsprozessen zu provozieren, durch die Ereignisse der kommenden Monate. Wenige Wochen nach Marias Anfängen im Projekt begann sich das Verhältnis des Infoladens zur SAGA zu verschlechtern. Abmahnungen wegen politischer Plakate an der Hauswand im Ende November 2009 folgte im März 2010 die Kündigung des Mietverhältnisses. In einem persönlichen Gespräch nannte ein SAGA Vertreter die kritische Haltung des Infoladens zur IBA als Grund für die Kündigung. Damals wurde vermutet, ein IBA-kritisches Transparent habe die SAGA zu ihrem drastischen Schritt motiviert. In wie weit auch Informationen der Polizistin Maria Böhmichen dazu beigetragen haben, und wie diese an die SAGA gelangt seien könnten, wäre eine spannende Frage, z.B. an ihre Auftraggeber im LKA.

In Reaktion auf die Kündigung organisierte die Aktiven des Infoladens eine politische Kampagne unter dem Slogan „Träume brauchen Räume – Kein Tag ohne Infoladen“. Durch vielfältige Protestaktionen und Öffentlichkeitsarbeit wurde die SAGA schließlich gezwungen, die Kündigung zurückzunehmen.

Maria brachte sich auch in diese Kampagne ein, und nahm auch Einfluss auf die Außendarstellung des Projekts, in dem sie sich an Diskussionen der „Presse AG“ beteiligte.

„Bin auch mit der PR (sic) einverstanden.“ (28. Apr 2010)

„Ich würde erst mal vorschlage die PM zu streichen, das Problem auf einem Plenum (Dienstag, oder auch früher) zu besprechen und dann eine neue PM durch die Presse AG zu fertigen, oder wenn es dieser zu viel wird/ist die bestehende zu überarbeiten“. (29. Apr 2010)

An der Organisation eines Infoladen-Standes auf dem alternativen Hafengeburtstages im Mai 2010, der auch Teil der Kampagne war, beteiligte sich Maria noch einmal intensiv, übernahm Schichten und besorgte Infrastruktur über andere Kontakte in der Szene.

„Hey Die Friteuse ausm Kallhart bekommen wir. Ab wann wird sie denn benötigt? Geht noch darum wann ich sie abhole. Brauchen wir denn noch Tische? Wurden jetzt ja vier Stück im Keller gefunden…Einen Pavillion hole ich am Donnerstag 18 Uhr ab. Ich hoffe das ist nicht zu spät? Früher schaffe ich das nicht. Die Strahler sind leider alle kaputt. Den Becks Tresen ausm Kanllhart können wir leider nicht bekommen da er zum Hafengeburtstag schon im Einsatz ist. […] Maria“(04. Mai 2010)

Langsamer Ausstieg

Mehr und mehr begann sich jedoch ihre politische Arbeit von Wilhelmsburg weg zu bewegen. Sie sprach häufiger über die Antira-Kneipe in der Hafenvokü, und erwähnte Terminkonflikte (andere Plenas, Demos) und ihre allgemeine „Überarbeitung“ an.

„Hallo. Die Gruppe [-] hat doch vor kurzem den Film „Deckname Dennis“ im Infoladen gezeigt. Wir überlegen diesen, Freitag nächste Woche, in der Antira Kneipe zu zeigen. Wäre es denn möglich sich diesen dafür auszuleihen?“ (11 Apr 2010)

„Hey.Ich weiß leider noch nicht ob ich mich mit in die Planungen mit einbringen kann. Hab momentan einfach viel zu viel zu tun. Wenn, dann würde bei mir auch nur spontan und kurzfristig was gehen. […] Maria“(01. Mai 2010)

„Kann heute leider nicht zum Plenum, da anderes Plenum ist… Bis die Tage Maria“ (04. Mai 2010)

Offensichtlich hatte Marias Einsatzschwerpunkt sich von Wilhelmsburg wegbewegt. Nach dem der Infoladen nach einer längeren Sommerpause von Juli bis September 2010 wieder die Arbeit aufnahm, erschien Maria nicht mehr auf dem Orga-Plenum.

Für den von ihr mitorganisierten Antira-Kongress im Oktober 2010 in der Roten Flora fragte sie noch einmal nach Unterstützung der KüfA im Infoladen und sammelte Adressen und Namen linker WGs in Wilhelmsburg, die bereit waren Schlafplätze für Gäste des Kongresses anzubieten.

„Für diese Tage brauchen wir Pennplätze und Essen. Gibt es bezüglich Pennplätze in der 105 oder 115 welche oder kennt Mensch WG wo ein paar Leute untergebracht werden können?Eine Frage an die Küfa? Habt ihr Zeit/Lust/Kapazitäten einen Abend (Freitag 15. oder Samstag 16. ) in der Flora zu kochen? Wir können momentan absolut nicht einschätzen wie viele Menschen kommen…Wünschen würden wir uns 300… :-)“ (13. Sep 2010)

Im Oktober 2010 sendete Maria eine letzte Email mit Infos über den Antira-Kongress über den Email-Verteiler. Im Mai 2011 stellte sie dann auch die Zahlung ihres Mitgliedsbeitrags ein, ohne je formell ihren Austritt aus dem Verein zu erklären. Bis zum August 2015 blieb sie Abonnentin des internen Email-Verteilers, der im Sommer 2011 in einen offenen Verteiler umgewandelt wurde.

Im September 2011 kam es einem Anquatschversuch durch den VS bei einer Person, die gemeinsam mit Maria im Infoladen aktiv war. Eine Auskunftsanfrage warum diese Person ausgewählt wurde, wurde nur ausweichend beantwortet – mit dem Hinweis, dass dies eine Quelle gefährden würde. Es erscheint naheliegend, dass Maria diese Person empfohlen hat.